Wanderung in der Sierra Maestra
Morgens um 6 Uhr klingelt unser Handywecker und Casa-Papa Ramón serviert uns ein weiteres kubanisches Frühstück: Mango- und Guayaba-Saft, Pan de Gloria, Omelette, Kaffee und viele Früchte. Gestärkt treten wir um 7 Uhr mit unserem Taxifahrer Dunjel die Fahrt von Bayamo in Richtung Sierra Maestra an. Ziel ist Santo Domingo. Von dort starten die Wanderungen in die Sierra Maestra zum Pico Real de Turquino (mit 1974 m der höchste Berg Kubas) und auch zu unserem Ziel, der Commandancia de la Plata.
Holprige Fahrt nach Santo Domingo
Über holprige Straßen dauert es nicht lange und wir müssen im Schritttempo weiterfahren. Ein kleiner LKW ist im Graben gelandet und die Polizei ist auch schon vor Ort. Wir sind während dieser Strecke mehrmals froh keinen Mietwagen für Kuba gebucht zu haben, da die Straßenverhältnisse nicht wirklich gut sind. Unser Taxista umfährt elegant die vielen Schlaglöcher auf dem Weg nach Santo Domingo. Mindestens die Hälfte der Löcher hätten wir zu spät oder gar nicht gesehen. Gut, dass wir Dunjel dabei haben. Zwischendurch sind die Straßen allerdings gut ausgebaut und Dunjel beschleunigt den alten Wagen.
Die Berge der Sierra Maestra sieht man schon von Weitem. Am grünen Wegesrand laufen immer wieder Hühner, Schweine und Kühe. Kurz vor Santo Domingo werden wir von einem Mann angehalten, der uns zu verstehen gibt, dass er mit uns reden will. Er hat einen Rucksack mit Schulsachen und bittet uns diesen in der Grundschule von Santo Domingo abzugeben. Dunjel zögert nicht lange und packt den Rucksack ein.
Nach ca. 1,5 Stunden Fahrt von Bayamo erreichen wir schließlich das Bergdorf Santo Domingo.
Wo liegt Santo Domingo?
Das Bergdorf mit dem Fluss Yara ist ca. 50 km von Bayamo entfernt und dient als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Sierra Maestra.
Wir geben den Rucksack an der Schule ab und fahren weiter bis zum Tor des Parque Nacional Turquino. Ein Ranger nimmt uns in Empfang und erklärt uns kurz die Fakten rund um den Nationalpark und unsere Wanderung in der Sierra Maestra. Begleiten wird uns auf der ca. 6 km kurzen Wanderung ein englischsprachiger Guide. Wir warten noch auf ein paar andere Touristen (3 Deutsche und eine Gruppe von 11 Belgiern). Wir fahren los, doch bevor wir den steilen Anstieg von 40 Grad in Angriff nehmen, bleibt unser Fahrer kurz stehen, schickt ein kurzes Gebet zum Himmel und tätschelt das Armaturenbrett des Jeeps. Dann gibt er Gas und in knapp 5 Kilometern legen wir ca. 700 Höhenmeter zurück. Wir erreichen den Ausgangspunkt unserer Wanderung Alto de Naranjo auf über 900 Höhenmeter gelegen und genießen unseren ersten Ausblick auf die Bergkette der Sierra Maestra.
Casa Medina
Angekommen auf dem Alto de Naranjo folgen wir unserem Guide Miguel in den Wald der Sierra Maestra. Unser Ziel ist die Unterkunft von Fidel Castro (Casa de Fidel), vorbei an der Casa de Medina. Die Bäume schützen uns vor der Sonne, dennoch kommen wir ordentlich ins Schwitzen.
An der berühmten Casa de Medina angekommen, machen wir unsere erste Pause. Miguel erzählt uns was es damit auf sich hat: Bekannt ist „Medina“ als Farmer, welcher die Guerrillas um Che Guevara und Fidel Castro vor der Revolution (die hier geplant und gestartet wurde) unterstützt hat. Nur mit Hilfe der Bauern, welche Gemüse und Obst zur Verfügung stellten war die Revolution möglich. Da viele Farmer nichts zu verlieren hatten, schlossen sich viele den Guerrillas an und die Truppe wuchs auf Tausende Unterstützer an, wodurch die Revolution erst möglich wurde.
Casa de Fidel
Der teils unebene Wanderweg führt uns als erstes auf ein Plateau, wo wir erneut die atemberaubende Aussicht auf die Sierra Maestra genießen dürfen. Dort sehen wir auch eine recht große Boa in freier Wildbahn, welche sich um einen Baumstamm schlängelt.
Weiter geht’s über Stock und Stein zum Krankenhaus der Commandancia, wo die Verwundeten Soldaten untergebracht wurden. Die einzelnen Hütten liegen relativ weit auseinander, so kommen wir erst nach einigen Gehminuten zur nächsten Hütte, der Küche. Nicht weit davon entfernt ist es dann soweit: wir stehen vor der Casa de Fidel. Miguel erklärt uns, dass die Hütte sieben Fluchtwege hat und öffnet dabei sämtliche Türen und Fenster rund um die Hütte um dies zu demonstrieren. Der siebte Fluchtweg ist eine Falltür. Die sanitären Anlagen bestehen aus einem Plumpsklo.
Radio Rebelde
Wir treten den Rückweg an, biegen dann aber steil bergauf ab um unsere letzte Commandancia-Station, die Hütte mit der Radiostation „Radio Rebelde“ zu sehen. Eine weitere Minute höher und wir können auch noch das Antennenloch sehen. Die Antenne wurde nur nachts aufgestellt und tagsüber unter einer Schicht Blätter und anderem Grünzeug versteckt. So konnte diese nicht aus der Luft von Batistas Truppen ausgespäht und bombardiert werden. In der Hütte sehen wir noch ein Stück der alten Antenne und treten dann den Rückweg an.
Nass geschwitzt erreichen wir wieder Alto de Naranja, wo schon unser Jeep nach Santo Domingo auf uns wartet. Unten angekommen erhalten wir ein Lunchpaket (ein Sandwich und ein Kaltgetränk) im Hotel Villa Santo Domingo. Taxifahrer Dunjel wartet schon auf uns und wir treten die Rückfahrt nach Bayamo an. Dunjel wird unterwegs etwas nervös und telefoniert immer wieder. „Problemas“ mit dem Auto. Plötzlich geht der Motor aus. Dann überholt uns ein Kollege in dem baugleichen Honda. Wir fahren mit einem letzten Stottern rechts ran und steigen in den anderen Wagen. Nach einer knappen Stunde Fahrt sind wir zurück in Bayamo.
Was kostet die Tour zur Commandancia de la Plata?
Für die Taxifahrt von Bayamo nach Santo Domingo zahlen wir 50 CUC. Laut Ranger gibt es keine andere Möglichkeit als mit dem Taxi in die Sierra Maestra zu reisen. Die von einem englischen Guide begleitete Wanderung zur Commandancia kostet pro Person 27 CUC, ein Snack in Form von Sandwich und Getränk inklusive. Eine Wanderung ohne Guide ist nicht möglich. Die Kosten waren OK, da wir durch den Guide auch sehr viele Informationen erhalten haben. In der Hauptsaison ist hier sicherlich mehr los.
Es ist absolut machbar die Tour von Bayamo aus zu starten. Morgens hin, zur Commandancia wandern, abends zurück. Dies spart Zeit und die Übernachtung in Santo Domingo. Dort gibt es außer einem Hotel mit der einzigen Bar des Dorfes und ein paar Casa Particulares noch die Hütten der Dorfbewohner, eine Grundschule und einen Fluss.
Übrigens: Der Empfehlung der meisten Reiseführer die Wanderung nur zwischen Dezember und April durchzuführen, können wir uns nicht anschließen. Wir kommen auch im September mit trockenen Füßen ans Ziel.
Wanderung auf den Berg Turquino
Wem die Besichtigung der Commandancia de la Plata noch nicht genug ist, kann auf den Gipfel des höchsten Berges Kubas steigen. Der Startpunkt ist auch hier Alto de Naranjo. Allerdings bleibt man nach der Hälfte der Strecke in einer spartanischen Hütte über Nacht und absolviert am zweiten Tag den Gipfelaufstieg. Von oben hat man bei gutem Wetter eine tolle Aussicht. Ehrlicherweise muss man sagen, dass der Gipfel meist im Nebel liegt.
Abendessen in der Casa
In der Casa in Bayamo angekommen, gönnen wir uns erst mal eine Dusche und eine kleine Siesta. Wir verabreden mit Ramón gegen sieben Uhr abends noch eine Kleinigkeit zu essen und bestellen den üblichen Reis mit schwarzen Bohnen und Schweinefleisch „Carne de cerdo“. Das Essen schmeckt vorzüglich und da nach unseren ersten Erfahrungen die Kubaner mehr als nur jeden Wunsch erfüllen wollen, gibt es zusätzlich zum Hauptgang Boniato (Süßkartoffeln) und Manyuca (Maniok) übergossen mit einer Essig-Knoblauch-Öl-Mischung. Fantastisch!
Nach dem Essen serviert uns Ramón Rotwein. Selbstgemacht aus den Trauben von seiner Terrasse, und wir plaudern noch ein bisschen mit ihm über das Leben der Kubaner und deren Beziehung zu den Amerikanern. Ein Leben mit McDonalds, Burger King und Co. ist für sie daher nicht erstrebenswert. Die Kubaner sind selbst sehr gespannt, wie sich ihr Land in den nächsten Jahren verändern wird.